Das menschliche Bedürfnis nach Sauberkeit und öffentlichen Badefreuden ist uralt: Schon die Ägypter und andere Hochkulturen vor mehr als 4000 Jahren statteten ihre Städte mit den ersten Badeanlagen aus. In der griechischen und römischen Antike gehörte es für die Bürger zum guten Ton, Bäder und Thermen aufzusuchen. Wie viele kulturelle Errungenschaften erlebte die Badekultur in nachrömischer Zeit einen Niedergang. Nach einer kurzen Blütephase im Mittelalter dauerte es bis Ende des 18. Jahrhunderts, dass die Lust am Baden und Schwimmen wieder breite Bevölkerungsschichten eroberte.
Griechen und Römer
Die ersten öffentlichen Badeanstalten in Griechenland entstanden vermutlich im 5. Jahrhundert v.Chr. Die Besucher konnten zwischen Dampfbädern (Vorläufer unserer heutigen Sauna), Heißluftbädern und Wannenbädern wählen – heute würde man dazu Wellness sagen. Um Schweiß und Schmutz zu entfernen, wurde nicht nur Wasser eingesetzt, sondern auch spezielle Hautschaber. Oft waren die Bäder in Sportanlagen integriert, in denen sich die Griechen gerne und lange aufhielten.
Kranke Menschen suchten bereits in der Antike besondere Heilquellen auf, von denen sie sich die Linderung ihrer Beschwerden versprachen. Beispielsweise die heißen Quellen im Kurort Edipsos auf der Insel Euböa werden noch heute genutzt.
Griechische Kolonisten führten die Badekultur auch im Römischen Reich ein. In den Jahrhunderten vor Beginn unserer Zeitrechnung vervollkommneten die Römer das Badewesen. Es entstanden viele berühmte und auch in technischer Hinsicht ausgeklügelte Thermen. Sie wurden von Wasserleitungen gespeist, besaßen Fußbodenheizungen sowie verschiedene Bade- und Schwitzräume in unterschiedlichen Temperaturstufen. Hier könnten die römischen Bürger das Baden regelrecht zelebrieren. Männliche Besucher waren deutlich in der Überzahl, aber auch Frauen (und sogar Sklaven) hatten Zugang zu den Bädern. Manche der riesigen „Kaiserthermen“ standen auch auf heute deutschem Boden, so die um 300 n.Chr. erbaute Kaisertherme in Trier.
Europäisches Mittelalter
Mit dem langsamen Niedergang des Römischen Reichs ging im Abendland auch die Badekultur Stück für Stück verloren. Nur die Araber (in Europa die Mauren) hielten sie teilweise aufrecht.
Im frühen europäischen Mittelalter wurde die Hygiene zeitweise sehr kleingeschrieben. Vor allem beim einfachen Volk galt das Baden als Zeitverschwendung. Die christliche Lehre erklärte Wannenbäder und die damit verbundene Nacktheit für untugendhaft. Zu jener Zeit waren weite Teile der Bevölkerung Nichtschwimmer und Ertrinken war demgemäß eine häufige Todesursache. Erst im Hochmittelalter entwickelte sich auch in Mitteleuropa eine Badekultur, an der Männer und Frauen, vornehme und arme Leute teilhaben konnten. In öffentlichen Badestuben schwitzten die beiden Geschlechter teils getrennt, teils gemeinsam.
Die Badestube war in der Regel eine städtische, öffentlich zugängliche Einrichtung. Hier wurden zudem Dienstleistungen wir Frisör, Zahnziehen, Schröpfen oder Aderlass angeboten. In den Hinterzimmern mancher Badeanstalt gab es heimliche Bordelle.
Seinerzeit unheilbare Seuchen wie die Syphilis und die Pest bereiteten etwa ab dem 16. Jahrhundert den Untergang dieser Badestuben. Die Ansteckungsgefahr war in der Tat recht hoch. Viele „Ärzte“ dieser Epoche schossen allerdings weit über das Ziel hinaus und erklärten das Baden rundherum für schädlich. Sie glaubten, das Badewasser könne direkt durch die Haut eindringen und so den Menschen krank machen.
Badekultur erreicht die Meeresküsten
Während sich die Adligen im Barock lieber puderten als mit Wasser zu benetzen, setzte im 18. Jahrhundert eine erneute Trendwende ein. Die naturwissenschaftliche und gesellschaftliche Aufklärung machte auch vor den Hygienevorstellungen keinen Halt, sodass Wasser im Allgemeinen und Baden im Besonderen wieder zur Gesundheitsförderung populär wurde.
Nach den Mineral- und Thermalbädern entdeckten Mediziner, Adlige und reiche Bürger nun die Meeresküsten. An Nord- und Ostsee entstanden die ersten Seebäder und wurden zu begehrten und exklusiven Reisezielen. Dieser beginnende Kururlaub war zugleich eine der Keimzellen des modernen Tourismus.
Vor allem an der Südküste Englands entstanden im 18. Jahrhundert die ersten, noch heute beliebten Seebäder. In Deutschland begann die Entwicklung an Nordsee und Ostsee beinahe gleichzeitig. Erstes Ostseebad war 1793 Heiligendamm, erstes Nordseebad im Jahr 1797 Norderney. Kamen in den Anfangsjahren jeweils nur wenige Tausend Badegäste, die vornehmlich den reicheren Gesellschaftsschichten angehörten, setzte im 19. Jahrhundert ein sprunghafter Aufschwung ein. Allerorten entstanden Badeanlagen, Kurhäuser, Hotels und Villen. Die Besucher verhüllten sich in hochgeschlossene Badeanzüge. Nicht wenige ertranken in den Fluten, da Schwimmkenntnisse kaum verbreitet waren.
Volksbäder und moderner Badetourismus
Schwimmbäder im heutigen Sinne gibt es etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie sollten insbesondere dem einfachen Volk dienen, das sich keine aufwändigen, privaten Badezimmer leisten konnte. Wieder war England, das Mutterland der industriellen Revolution, Vorreiter. Die „Öffentliche Bade- und Waschanstalt für die arbeitende Klasse“ öffnete 1842 im englischen Liverpool ihre Tore. Das erste deutsche „Volksbad“ eröffnete im Jahr 1855 in Hamburg.
Nach einer Schätzung gibt es in Deutschland heute rund 7000 öffentliche Schwimmbäder, davon etwa die Hälfte Freibäder. Etwa Hundert deutsche Küstenorte dürfen den offiziellen Titel „Seebad“ führen und bieten jährlich Kuranwendungen für Millionen von Badegästen an.